«KUNDEN RECHERCHIEREN ONLINE NACH PRODUKTEN UND DIENSTLEISTUNGEN. KURZ: SIE BETREIBEN SOCIAL BUYING.»


Social Selling darf als direkte Reaktion auf das Verhalten von Kunden verstanden werden, die sich auch im B2B-Bereich immer mehr online informieren. In unserem aktuellen Podcast verrät unser Spezialist Lukas Schwitter, warum man vor allem gut zuhören muss, um mit Social Selling erfolgreich zu sein.

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Social Selling: Die Kunst des aktiven Zuhörens


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Lass uns doch damit beginnen, Social Selling ein wenig gegenüber anderen Begriffen abzugrenzen: Wie unterscheidet es sich vom Social-Media-Marketing, das die meisten Unternehmen in unterschiedlicher Form längst betreiben?

Lukas: Im Social-Media-Marketing nutzen Unternehmen Plattformen wie Facebook, Twitter, LinkedIn oder Snapchat, um ihre Zielgruppen in einer bestimmten Phase des Entscheidungsprozesses mit einer relevanten Botschaft zu erreichen. Beim Social Selling hingegen handelt es sich um den Einsatz dieser sozialen Netzwerke, um in erster Linie eine Kundenbeziehung aufzubauen. Es geht darum, Interessenten zu identifizieren, bei relevanten Konversationen zuzuhören, also Social Listening zu betrieben, und damit die Interessenten zu verstehen und ihre Pain Points aufzudecken. Ausserdem möchte man Kontakte pflegen, dem eigenen Netzwerk bei Bedarf Hilfestellung zu bieten, Vertrauen aufzubauen und die eigene Fachkompetenz vermitteln. Im besten Fall erkennt man Kaufsignale und erkennt damit neue Kunden. Beispiele dafür waren die Akquise per Telefon oder ganz klassisch das Läuten an der Haustüre. Heute sind diese Ansätze eher negativ behaftet. Die Menschen sind mehr beschäftigt, denn die digitale Welt mit ihren unzähligen Touchpoints zieht die volle Aufmerksamkeit auf sich.

Nun könnte man ja durchaus sagen: Wir haben den Verkauf über Jahrhunderte hinweg perfektioniert. Weshalb brauche ich denn überhaupt einen neuen Ansatz, der ja erst einmal aufgrund seiner digitalen Natur wieder mehr Distanz in die Kundenbeziehung zu bringen scheint?

Lukas: Werfen wir dazu einen Blick zurück: Früher war die unmittelbare Bereitschaft zu einem Verkaufsgespräch noch deutlich höher. Eine Kundenbeziehung konnte relativ unkompliziert und ohne grosse Vorankündigung gestartet werden. Dadurch ist die Hürde für ein spontanes Verkaufsgespräch um ein Vielfaches höher geworden. Die dem Kunden angebotenen Informationen müssen einen Mehrwert bieten. Deswegen sind das aktive Zuhören und der Aufbau einer echten Beziehung über die digitalen Netzwerke wichtiger denn je. Der Fokus sollte beim Social Selling auf die Qualität, nicht auf die Quantität der Beziehungen gelegt werden. Kaltakquise-Calls sind alles andere als effektiv. Menschen auf C-Level ausserhalb von Social Media zu erreichen, ist extrem schwierig. Mit LinkedIn beispielsweise erfahre ich nicht nur, welche Position jemand hat, sondern kann Entscheider auch direkt mit relevanten Informationen kontaktieren. Dabei müssen wir auch die Kundenseite im Auge behalten: Die Kunden betrieben Social Buying. Sie recherchieren online nach Produkten und Dienstleistungen, sie kommentieren und starten Unterhaltungen. Sie nützen direkt ihr persönliches Netzwerk, ihre Kontakte ersten und zweiten Grades, um sich zu informieren.

Du hast LinkedIn als Beispiel genannt. Welche anderen Netzwerke spielen im Zusammenhang mit Social Selling überhaupt eine nennenswerte Rolle?

Lukas: Grundsätzlich können alle sozialen Netzwerke für das Betreiben von Social Selling und Social Listening eingesetzt werden. Social Selling bietet sich vor allem im B2B-Bereich an, für Firmen mit grösseren Verkaufsteams und mit einem funktionieren Key Account Management. Die aktuell am meisten genutzten Netzwerke sind sicher LinkedIn und Twitter. Insgesamt gilt es, die Plattformen zu bearbeiten, auf denen die Kunden aktiv sind. Man kann selbst die Kommentarfunktion von Instagram verwenden, um mit potenziellen Kunden zu kommunizieren.

Sind wir mal ehrlich: Wir alle haben auf LinkedIn schon diese scheinbar persönlichen Nachrichten erhalten, die im Grunde nichts anderes sind als die moderne Form von Cold Calls, von Kaltakquise. Wie verhindere ich, dass meine Social Selling Bemühungen in diese Richtung laufen?

Lukas: Das bringt uns dazu, was Social Selling in keinem Fall ist oder sein sollte. Social Selling ist nicht das Targeting von Interessenten mit unpersonalisierten LinkedIn-Kontaktanfragen. Es ist auch nicht die Transformation der Kaltakquise in die digitale Welt oder das reine Generieren von Abschlüssen. Vor allem ist Social Selling nicht mit geringem Aufwand verbunden, nur weil Vorgänge automatisiert werden können. In diesem Zusammenhang einige Empfehlungen, wieder am Beispiel LinkedIn. Am Anfang steht der Aufbau einer professionellen Präsenz. Das gilt für das Unternehmen selbst, aber auch um die Profile der Mitarbeiter, die Social Selling betreiben. Dann gilt es, die Aktivitäten zu planen. Wie kann Mehrwert in Form von Informationen und Hilfestellungen geschaffen werden? Wie können Glaubwürdigkeit und Beziehungen aufgebaut werden? Dazu gehört, Engagement zu zeigen, indem man Mitbewerbern und branchennahen Firmen folgt und zu branchenrelvanten Themen up-to-date bleibt, auch durch das Interagieren in relevanten Gruppen.

Was du beschreibst, ist auch eine Fleissarbeit. Man muss zuhören, interagieren, sich an Diskussionen beteiligen. Das bedeutet einen gehörigen Zeitaufwand – und Zeit ist für uns alle eine begrenzte Ressource. Immer wieder ist zu beobachten, dass Sales-Mitarbeitende voll Enthusiasmus in ihr ganz persönliches Social Selling Projekt starten. Nur lässt dann irgendwann das Engagement nach. Entsprechend bleiben die Erfolgserlebnisse aus. Das drückt die Motivation weiter – und am Ende schläft die Idee des Social Selling wieder ein. Wie lässt sich das verhindern? Welche Tools helfen mir, den Zeitaufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten?

Lukas: Richtig, nach dem Start folgt die tägliche Anwesenheitspflicht auf LinkedIn. Das Betreiben von Social Selling ist ein aufwändiger Prozess. Der mag auf dem Papier einfach aussehen, doch am Ende bleibt harte Arbeit. Social Selling setzt Engagement in Form von Likes, Kommentaren, Shares und eigenen Beiträgen voraus. Wenn man jemand kontaktieren möchte, sollte man seine Aktivitäten auf LinkedIn kennen. Man sollte sich über gemeinsame Kontakte informieren, den die Welt ist bekanntlich sehr klein. Idealerweise identifiziert man gemeinsame Interessen mit dem Gegenüber. Da kommt ein Tool wie der LinkedIn Sales Navigator zum Zug. Er erlaubt, uneingeschränkt nach Personen zu suchen. Solche Suchen kann ich speichern und später wiederverwenden. Interessante Personen können in Lead-Listen gesammelt werden, um sie zu beobachten. Wichtig ist auch, wie sich das eigene Netzwerk noch zielgerichteter überwachen lässt, beispielsweise wer eine neue berufliche Herausforderung angenommen hat. Der Sales Navigator ermöglicht auch, direkte Nachrichten zu senden. Wie du vorhin angesprochen hast, müssen diese massgeschneidert sein und einen Mehrwert bieten. Wer nicht die Zeit dazu hat, all diese Funktionen zu nützen, kann auf die mobile App zurückgreifen, die auch bei wenigen Minuten Zeit zwischendurch verwendet werden kann.

Natürlich sind wir beide keine Experten für Pandemien und auch keine Zukunftsforscher. Aber mir scheint, dass Social Selling im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus noch einmal massiv an Bedeutung gewinnt. Siehst du das auch so?

Lukas: Voll und ganz. Viele Unternehmen und ihre Verkäufer stehen vor einer grossen Herausforderung. Denken wir an die Getränkebranche: Alle Restaurants haben weiterhin geschlossen, alle Verkaufsmassnahmen mussten eingestellt oder digitalisiert werden. Oder nehmen wir die Nutzfahrzeug-Branche: Probefahrten sind derzeit gar nicht möglich, Gespräche praktisch nur digital. Das macht den Einsatz von Social Selling umso wichtiger, weil man mit bestehenden Kunden im Gespräch bleiben und mit Interessenten Beziehungen aufbauen kann. Nicht nur das Social Selling wird sich aufgrund des Coronavirus verändern, die Digitalisierung insgesamt hat noch einmal einen Boost erfahren.

Ein grosser Vorteil der digitalen Welt ist die Messbarkeit. Wir predigen unseren Kunden – zurecht, wie ich denke – dass online alles wesentlich besser ausgewertet werden kann. Bewegen wir uns mit Social Selling davon wieder weg, weil wir unsere Aktivitäten weg von Kampagnen und Unternehmensseiten und hin zu privaten Accounts verschieben?

Lukas: Dazu eine klare Empfehlung: Alles, was auf LinkedIn passiert – identifizierte Interessenten, von Verkäufern generierte Leads – müssen mit dem CRM-Tool des Unternehmens abgeglichen werden. Wer Salesforce verwendet, kann auf eine Echtzeit-Synchronisation zurückgreifen, ansonsten muss das händisch erfolgen. Aus persönlicher Erfahrung weiss ich, dass hier oft Pain Points zwischen den einzelnen Abteilungen vorhanden sind. Bestehende Silos müssen aufgebrochen und das CRM mit so vielen Daten wie möglich angereichert und aktuell gehalten werden. Schwierig zu messen bleibt, wie gut es gelingt, Sales-Mitarbeiter als Fachexperten zu positionieren. Man sagt heute oft, das Privates und Geschäftliches unter Einhaltung einer gesunden Work-Life-Balance immer mehr miteinander verschmilzt. Ich verstehe aber durchaus, dass manche Organisationen und ihre Mitarbeiter im Zusammenhang mit Auswertungen eine gewisse Trennung aufrecht erhalten möchten. Ich würde sagen, wir diskutieren das in zehn Jahren noch einmal, denn bis dahin wird der Verkauf, wird das Social Selling noch einmal eine völlig neue Disziplin werden.

Wir dürfen diese Entwicklung täglich erfahren und begleiten, und ich denke ich spreche für uns beide wenn ich sage: Es ist faszinierend, ein Teil davon zu sein und es aus erster Hand miterleben zu dürfen.

Lukas: Ich bin selbst extrem gespannt, wie es weitergeht, nicht nur auf lange Sicht, sondern auch die kurzfristigen Entwicklungen. Ich freue mich in jedem Fall darauf, künftig noch viel mehr Kunden in dieser Hinsicht zu betreuen und beraten.

Lukas, ich danke dir für dieses spannende Gespräch.
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