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«Entscheidend ist nicht die Plattform, sondern unsere Antwort auf die gestellte Frage»

14.11.2019

ONWARD19 – INTERVIEW MIT DANIELA KLECK UND MICHEL GYSIN ZUR ZUKUNFT DER SUCHE

Unsere Masterminds Daniela Kleck und Michel Gysin haben die Konferenz ONWARD19 in New York besucht. Heute verraten sie uns, was Sie über die Entwicklung des Suchverhaltens erfahren haben und was das für eure künftigen Online-Aktivitäten bedeutet.

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Die ONWARD19 beschäftigte sich der Zukunft der Suche. Welche zentralen Erkenntnisse konntet ihr von der Konferenz mitnehmen?

Daniela: Die Art, wie wir suchen, wird sich stark verändern und hat dies auch bereits getan. Wir tippen unsere Fragen heute nicht mehr nur ein, wir sprechen sie aus und erwarten eine Antwort.

Michel: Während der Vorträge wurde mir noch einmal bewusst, wie weit wir bereits fortgeschritten sind und wie selbstverständlich der Einsatz von Voice Search geworden ist. Wir sprechen dabei mit einem Gerät, und so tritt an die Stelle der «Keyword-Sprache», mit der wir bisher Suchmaschinen bedient haben, eine natürliche Sprache. Deswegen war eines der wichtigsten Themen: Welche Daten stelle ich als Unternehmen zur Verfügung, um richtige Antworten auf gestellte Fragen geben zu können?

Daniela: Genau. Es wurde viel darüber gesprochen, was Unternehmen tun können, um auch etwas kompliziertere Fragen zu beantworten. Im Kern steht die Überlegung, wie man Daten auf einer Website so strukturieren kann, dass die unterschiedlichen Formen der Suche die passenden Informationen ergeben und so eine Antwort ermöglichen.

Michel: Wir hören diese Zahlen immer wieder: Nächstes Jahr werden 50 Prozent der Menschen ihre Suche sprechen, aktuell sind es bereits 20 Prozent. Ein Grund dafür ist, dass wir mit dem Handy immer häufiger Sprach- statt Textnachrichten verschicken und dadurch lernen, mit diesem bekannten Gerät auf eine neue Art zu interagieren: Wir sprechen mit ihm.

Ihr sprecht jetzt immer von Fragen, die Unternehmen beantworten sollen. Geht es, um ein Beispiel aus der Gastronomie zu bemühen, um die Öffnungszeiten meiner Bar? Oder sollte ich auch helfen können, wenn jemand ein bestimmtes Cocktail-Rezept sucht?

Daniela: Das hängt natürlich sehr vom einzelnen Unternehmen ab. Und genau dort wird auch die künftige Herausforderung liegen: Früher überlegte man sich, welche Keywords relevant sind, heute geht es um relevante Fragen, dich man beantworten möchte. Manche davon werden zum Standard gehören, etwa nach, Öffnungszeiten, Preise, Adressen. Andere sind wesentlich explizierter und fallen in den Longtail-Bereich, wie wir das heute nennen: Gibt es in Restaurant XY vegane Burger mit einem bestimmten Brot?

Michel: Das bringt uns zu der Überlegung, welche Fragen man überhaupt beantworten möchte. Interessant sind für Unternehmen vor allem die Antworten, die Business generieren. Also muss man prüfen, welche Antworten man zwingend geben muss – eben jene, die offensichtlich in Umsatz resultieren können. Im nächsten Schritt geht es dann um Fragen, bei denen dieser Zusammenhang nicht direkt offensichtlich wird. Bleiben wir beim Beispiel der Bar, die sehr gute Cocktails anbietet. Für sie kann es durchaus sinnvoll sein, Cocktail-Rezepte so auf der Website zu publizieren, dass sie zur Antwort auf eine Frage nach einem Rezept werden. Wer dieses verwendet und davon begeistert ist, könnte diese Bar irgendwann auch besuchen, weil klar ist: Die Leute dort wissen, wie man gute Cocktails macht.

Daniela: Man muss definieren, wofür man wirklich Experte sein möchte. Ein Zahnarzt beispielsweise hat vielleicht ein bestimmtes Fachgebiet. Dann sollte er mit oberster Priorität die in diesen Bereich fallenden Daten und Inhalte auf seiner Website so strukturieren, dass aus ihnen relevante Antworten werden können.

Michel: Machen wir uns nichts vor: Local SEO ist schon seit Jahren ein wichtiges Thema. Die geografische Verortung der suchenden Person ist auch ein entscheidender Ranking-Faktor für Suchmaschinen. Ausserdem integrieren viele ihren Standort in ihre Anfrage: Man fragt zum Beispiel nach dem besten Burger in Basel.

Daniela: In den Rich Snippets auf der Ergebnisseite von Google ist der lokale Bezug ganz klar vorhanden. Wie genau er das Ranking beeinflusst, bleibt das Geheimnis von Google. Doch wenn wir bedenken, dass Google zum Ziel hat, uns als Usern das beste Suchergebnis zu liefern, dann kann man davon ausgehen, dass dieser regionale Bezug hoch gewichtet wird.

Michel: Das hängt sicher auch von der Art der Anfrage ab. Bei standortunabhängigen Suchen werden die klassischen Ranking-Faktoren wie Besuchsdauer, Abbruchrate, Metadaten und natürlich Inhalte weiter eine wesentliche Rolle spielen. Deswegen werden klassische SEO-Skills weiterhin gefragt sein.

Daniela: Wenn man sich ankuckt, was in letzter Zeit von Google kam, kann man sicher davon ausgehen, dass Elemente wie Titles und Descriptions weiterhin die Basis bilden werden, die man einfach haben muss. Hinzu kommt: Mit dem Knowledge Graph hat Google ein weiteres wichtiges Instrument geschaffen, das darauf abzielt, die allgemeine Relevanz der Seite noch besser zu verstehen.

Michel: Was wir nicht vergessen dürfen: Nur solange wir mit den Antworten zufrieden sind, die Google uns gibt, werden wir diese Suchmaschine auch nützen. Deswegen möchte Google relevante Antworten bieten und gibt Agenturen wie uns deshalb Werkzeuge, um die Suche für alle User optimal zu gestalten.

Das Thema der ONWARD19 lautete «The Future of Search», das Wort «Internet» kommt gar nicht mehr vor. Weshalb? Weil wir sowieso nur noch im Internet suchen? Oder weil wir es nicht mehr als Internet-Suche wahrnehmen, wenn wir Alexa eine Frage stellen?

Daniela: Ich sehe es so: Die Basis für die Suche ist das Internet, das sind Webseiten mit strukturierten Daten. Doch die Generation, die jetzt kommt, sieht das Internet nicht mehr so, wie wir es kennen. Junge Menschen nutzen heute Portale, Tools, Sprachassistenten. Dass die Grundlage dafür das Internet ist, spielt für sie keine Rolle. Unser aller Wahrnehmung ändert sich in diesem Punkt. Wir hier am Tisch sind in unseren Vierzigern; klassisch bedeutet Internet für uns, eine www-Adresse in einen Browser einzutippen. Doch selbst unsere Generation denkt heute grösstenteils schon nicht mehr so.

Michel: Entscheidend ist der intuitive Umgang mit der Technologie. Wenn ich meine Söhne beobachte, die neun und elf Jahre alt sind, sehe ich sie nicht googlen. Sie haben schnell verstanden, wie unsere Smartphones funktionieren, für sie gibt es nur noch Spracheingabe. Sie sagen beispielsweise «Yotube Skater-Film», und schon spielt das Video. Daran merke ich, dass ein fundamentaler Wandel stattfindet. Man erwartet Inhalte, die einem momentanen Bedürfnis entsprechen. Dass diese aus dem Internet kommen, spielt eigentlich keine Rolle mehr.

Daniela: Jetzt könnte man sagen: Wenn die Leute nur noch Alexa und Siri fragen, brauche ich gar keine Website mehr. Ich denke aber, dass die Website weiterhin relevant bleiben wird; es werden sich einfach die Funktionalitäten ändern. Sie werden als Datengrundlage für Anfragen aus den unterschiedlichen Quellen dienen, die wir bereits angesprochen haben. Doch wenn jemand eine Seite besucht, muss sie noch passender sein als heute.

Michel: Ich denke auch, dass es auch künftig noch Webseiten braucht. Aber ich glaube auch, dass ihre Form sich vollkommen verändern wird. Ich könnte mir vorstellen, dass wir künftig beinahe nur noch Webseiten sehen, die dem Branding dienen und Emotionen transportieren. Im E-Commerce oder beispielsweise bei Lieferdiensten werden Webseiten, wie wir sie heute kennen, nicht mehr benötigt werden. Hier wird alles über Voice Search oder allgemeiner gesagt direkt innerhalb der Suche erledigt werden.

Apropos Alexa: Welche anderen Plattformen und Geräte werden die Entwicklung der nächsten Jahre bestimmen? War das ein Thema bei der ONWARD19?

Daniela: Nein, über künftige Plattformen wurde kaum gesprochen. Aber das Wort Google fiel sehr häufig. Ich bin sicher, dass Google auch in zehn Jahren noch dominant sein wird. Wohin sich die Suchmaschine weiterentwickelt, ist kaum vorherzusagen. So können sich auch die Rückmeldungen auf eine klassische Desktop-Suche völlig verändern. Doch wie Fragen eingegeben werden, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist unsere Antwort, auf sie sollten wir uns konzentrieren.

Michel: Um eine neue Plattform zu etablierten, braucht es eine entsprechende Marktposition und personelle sowie finanzielle Ressourcen, wie sie Apple, Google oder Amazon haben. Deswegen denke ich auch, dass ihre Geräte vorerst bestimmend bleiben werden.

Daniela: Künstliche Intelligenz ist schon jetzt ein Riesending und wird noch wichtiger werden. Irgendwann werden wir gar nicht mehr fragen müssen, weil wir die Antwort vorher bekommen. Wenn wir uns ansehen, wie weit wir heute im Remarketing bereits sind, und uns vorstellen, dass diese Prozesse künftig von einer künstlichen Intelligenz gesteuert werden, ist der Weg gar nicht mehr so weit.

Was müssen Unternehmen also tun, um für die Zukunft richtig aufgestellt zu sein?

Michel: Das bringt uns zurück zum Beginn unseres Gesprächs: Sie müssen sich überlegen, welche Frage ihre Kunden stellen und welche Antworten sie darauf geben möchten. Wichtig wird dann noch sein, wie die Antworten rein technisch betrachtet gegeben werden – doch dafür sind ja wir da!

Daniela: Es gibt bereits heute tolle Tools wie Yext, die es uns erlauben, einfacher und besser strukturiert zu antworten. Noch vor wenigen Jahren existierte nichts in der Art. Unternehmen müssen vielleicht ein wenig umdenken und ihre Webseite nicht mehr nur als das Schaufenster verstehen, das sie noch immer ist, sondern auch als Datengeber für Suchanfragen.

Herzlichen Dank!

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